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Schneiderei

Schneiderei Mühl dann Schneiderei Witzigmann

Schneiderei

Grillparzerstraße 6 – „nach dem Wasserrohr an der Wand“ – das vierte Lokal
Vom Bahnhof kommend liegt dieses Geschäftslokal nach dem markanten Wasserrohr an der Wand – siehe Bilder und besuchen Sie den Ort, um sich die Lage der Lokale besser vorstellen zu können. 


Schneiderei Ludwig Mühl
Vor und während des Kriegs bis in die 1950er Jahre befand sich hier die Schneiderei von Ludwig Mühl.
Schneider Viktor Mörtl (*1929 †2005) war mehrere Jahre bei Schneidermeister Ludwig Mühl angestellt. Nach dessen Tod führte er den sogenannten „Witwenbetrieb“ weiter – damals war es üblich, dass Witwen den Betrieb noch eine gewisse Zeit fortführen durften, bis eine Nachfolge geregelt war.

Viktor Mörtl stammte aus der Gegend von Hermagor in Kärnten und schloss 1946 erfolgreich seine Lehre als Herrenschneider ab. Nach Gesellenjahren in Hermagor und Wien kam er nach Bad Gastein, wo er viele Jahre bei Ludwig Mühl in der Grillparzerstraße arbeitete. Während dieser Zeit legte er auch seine Meisterprüfung ab und konnte so den Betrieb einige Jahre führen, bevor er seine eigene Schneiderei im Haus Sponfeldner am Wasserfall eröffnete. Später übersiedelte er in die Schareckstraße 2.
Mehr zu Viktor Mörtl finden Sie auf den Standorten Schareckstraße 2 und Haus Sponfeldner. [1]

Als nächster Schneider im Lokal Nr. 6 folgte Alois Witzigmann.


Schneidermeister Alois Witzigmann – „das vierte Lokal“
Ende der 1950er-/Anfang der 1960er-Jahre übersiedelte Alois Witzigmann (*1908 †1985) mit seiner Schneiderei von seiner Privatwohnung in der Karl-Heinrich-Waggerl-Straße in das Geschäftslokal in der Grillparzerstraße 6 als Nachfolger von Schneiderei Mühl.

Er pachtete das Lokal von der Witwe Mühl. Damals beschäftigte er sechs Angestellte. Besonders im Winter war Hochsaison – viele Gäste ließen sich die berühmten Gasteiner Keilhosen anfertigen. Sein Sohn Eckart, später einer der berühmtesten Köche Europas, musste als Laufbursche fertige Ware ausliefern. In seiner Biografie berichtet Eckart Witzigmann, dass er in Lederhosen mit ein paar englischen Floskeln oft ein gutes Trinkgeld bekam – manchmal sogar einen ganzen Dollar.

In derselben Biografie erzählt er auch, dass sein Vater ihn gerne als Nachfolger im Schneiderbetrieb gesehen hätte. Zur Vorbereitung wurde Eckart zwei Jahre auf die Handelsschule nach Feldkirch geschickt. Als Eckart seinen Eltern in den Sommerferien eröffnete, dass er Koch werden wolle, war sein Vater tief enttäuscht.

Eckart Witzigmann wurde 1941 als einziges Kind von Maria und Alois Witzigmann geboren. Über seinen Vater schreibt er:
„Alois Witzigmann war klein, kleiner als seine Frau. Wie viele kurz gewachsene Männer war er ehrgeizig.“
Und weiter: „Dass er nicht in Kriegsgefangenschaft geraten sei, weil man ihn schlicht übersehen habe, war ein Spott, den er nicht hören wollte.“
Alois Witzigmann richtete sein Leben nach seiner persönlichen Erfolgsbibel aus – einem hellblauen Halbleinenband mit Goldprägung: Oscar Schellbach: Mehr-Erfolgs-System – Das Wissen zur Erfüllung der Voraussetzungen des persönlichen Erfolges (erschienen 1930). Das Buch ist heute noch erhältlich.

Alois Witzigmann war bereits vor dem Krieg aus Vorarlberg nach Bad Gastein gezogen, wo er ein ganz anderes Publikum vorfand. Schnell erkannte er, dass er sich spezialisieren musste, um konkurrenzfähig zu bleiben. So beobachtete er genau, was die Prominenten trugen, etwa auf der Skipiste: Norweger- oder Rippenpullover kombiniert mit Keilhosen, die schlank machen und durch ihren Riegel unter dem Fuß optisch das Bein verlängern. Diese Mode wurde sein Markenzeichen.
„Kein Hang ist zu steil für den Witzigmann-Keil“ war sein Werbeslogan – ganz im Stil der Zeit.

Das Geschäftslokal würde an Alfred Berger "Radio Berger" weitergegeben.

Alois Witzigmann war bis in die 1970er-Jahre als Schneider aktiv, ehe er ganz in den Ruhestand ging.[2]


Quellen; 

[1]Information und Fotos erhalten 2022 von Marion Mück Geb. Mörtl

[2] E-Mailverkehr mit dem Büro von Eckart Witzigmann. „Koch des Jahrhunderts“ im Jänner 2021 und Ihre mir zu Verfügung gestellte Textseiten „Ausschnitte aus der Gasteiner Zeit von Herrn Witzigmann Biografie“. https://www.eckart-witzigmann.de/index.php?id=54. Inserate und Quittung vor Ort ausgesucht

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